Dynamiken im föderalen System – Zentralisierung von Kompetenzen, Dezentralisierung der Parteien?
(15400)
Typ | Projekt |
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Dozent/in | Sabine Kropp |
Beginn | 20.04.2020 | 10:00 |
Zeit | Montag, 10-14 Uhr |
Als Organisationsprinzip hat der Föderalismus in den vergangenen Jahrzehnten weltweit an Bedeutung gewonnen. Föderale Systeme zeichnen sich durch eine besondere Flexibilität aus, sie sind aber auch von großen institutionellen Spannungen geprägt, die durch ständige Anpassungen an neue gesellschaftliche und politische Entwicklungen verarbeitet werden müssen.
Der deutsche Föderalismus hat in den vergangenen 20 Jahren mehrere Reformstufen durchlaufen, die zu einer klareren Kompetenztrennung in verschiedenen Politikfeldern führen sollten. Die Effekte dieser Reformen sind bis heute Gegenstand andauernder politischer Konflikte. Außer Frage steht, dass trotz umfassender Bemühungen um klarere Kompetenzen und um eine Stärkung der Kompetenzen der Länder heute eine Rückkehr zu mehr Verflechtung und stärkerer Hierarchisierung im Bundesstaat erkennbar ist.
Inhaltlich wenden wir uns im Projektseminar einer auf den ersten Blick widersprüchlichen Entwicklung zu: der stärkeren „Zentralisierung“ von Kompetenzen steht eine offenbar wachsende Dezentralisierung der Parteien und eine zunehmende Unabhängigkeit der Landesverbände gegenüber. Hierzu tragen die immer bunteren Koalitionsvarianten in den Ländern, damit verbundene Konflikte zwischen Bundes- und Landesverbänden (zuletzt Thüringen), aber auch die nach wie vor bestehenden wirtschaftlichen Asymmetrien und unterschiedliche Policy-Präferenzen der Landesverbände der Parteien bei. Im Mittelpunkt unseres Seminars steht somit, wie sich Bundes- und Landesverbände der Parteien mit Blick auf diese (umstrittenen) Reformen positionieren, wie sie unterschiedliche Positionen diskursiv und im Entscheidungsverhalten verarbeiten und welche Folgen sich daraus für die Regierbarkeit und das konsensorientierte Demokratiemodell ergeben.
Während der derzeit anhaltenden Pandemie gerät auch der deutsche Föderalismus als Entscheidungsrahmen zusehends unter Druck. Deshalb können sich Arbeiten auch der Frage widmen, welchen Anpassungsdruck diese Krise erzeugt. Dabei steht im Mittelpunkt, wie die Öffentlichkeit, Parteien und Regierungen auf beiden Ebenen in dieser Krise über föderale Strukturen diskutieren und welche (unterschiedlichen und gemeinsamen) Positionen erkennbar sind.
Für die Ausarbeitung der Projektarbeiten können Textkorpora, insbesondere Plenarprotokolle von Bundestag und Landtagen, Drucksachen usw. mithilfe von qualitativen und quantitativen Methoden kodiert und analysiert werden. Im Seminar werden diesbezüglich Fragen des Forschungsdesigns besprochen. Die Studierenden lernen anhand der von ihnen durchgeführten Forschungsarbeiten, Forschungsdesigns auszuarbeiten sowie Hypothesen zu generieren und zu überprüfen. Ein besonderes Augenmerk soll dabei auch Problemen der Fallauswahl und Erhebungstechniken gelten.
Empfehlung: Ich empfehle, den Kurs von Dr. Christoph Nguyen „Techniken der Empirischen Parlamentsanalyse in R.“ begleitend zu besuchen. Die beiden Kurse sind inhaltlich und methodisch aufeinander abgestimmt. Dies schließt jedoch nicht aus, dass Sie auch beide Kurse jeweils einzeln besuchen und dort einen entsprechenden Leistungsnachweis erwerben können.
Die Projekte können später weiter zu Masterarbeiten ausgebaut werden.
Hinweis zum Ablauf: Die Pandemie stellt uns vor besondere Herausforderungen. Wir versuchen, Ihnen einzelne digitale Tools zur Verfügung zu stellen, die Studierenden in Projekt-Arbeitsgruppen zusammenzufassen und uns im Rahmen von Videokonferenzen zusammenzufinden. Der Ablauf (vgl. Seminarplan) ist entsprechend getaktet. Idealerweise sind Sie am Ende der sog. „Vorlesungszeit“, also Mitte Juli, so weit, dass Ihr Exposé für die Projektarbeit steht und Sie die Kenntnisse erworben haben, um mit der Ausarbeitung zu beginnen.