Das Fach in der Krise
Der Name Fritz Eberhard steht für die institutionelle Leistung, die Publizistikwissenschaft durch die Krise der 60er Jahre geführt zu haben. Nicht nur das Westberliner Institut, auch die wenigen anderen Standorte im Bundesgebiet waren schlecht ausgestattet. Das Ansehen des Fachs war gering, auch wegen der NS-Belastung. Der Wissenschaftsrat hatte 1960 angeregt, es nur noch als „Sondergebiet“ in Berlin und München zu erhalten. Mit der Emeritierung von Dovifat stand die Zukunft des Lehrstuhls auf dem Spiel. Wissenschaftlicher Nachwuchs fehlte. Zwei Habilitationsversuche unter Dovifat scheiterten: Friedrich Medebach und Günter Kieslich. Erst in der Ära Eberhard gelang mit Kurt Koszyk 1968 eine solche Qualifikation, die erste im Fach überhaupt nach 1945. Koszyk, Lehrbeauftragter am Institut, habilitierte zur „Deutschen Pressepolitik im Ersten Weltkrieg“. Der Rückgriff auf Praktiker Anfang der 1960er verdeutlicht die Situation. In München löste 1963 der Journalist Otto B. Roegele den Theaterkritiker Hanns Braun ab, in Münster holte man 1960 Henk Prakke, einen niederländischen Verleger und Soziologen, der Lehrstuhl in Mainz wurde später mit der Journalistin und Demoskopin Elisabeth Noelle-Neumann besetzt. Dass auch an der FU eine Praktiker-Lösung gefunden wurde, überrascht deshalb nicht. Eine der ersten Aufgaben des neuen Institutsleiters Eberhard bestand darin, Geld zu besorgen, um Toiletten in Büros zu verwandeln. 1967 hatten sich die Akademische Rätin Elisabeth Löckenhoff, fünf (Hilfs-)Assistenten und ein wissenschaftlicher Tutor drei „Büros wie Besenkammern“ zu teilen. Der Arbeitsraum bot bei über 500 Studierenden lediglich 24 Plätze.