Politik von unten – Perspektiven auf den autoritären Staat in Ägypten
Cilja Harders – 2009
Vor dem Wahllokal, einer Schule, steht die Polizei, Kinder winken mit Flugblättern, auf denen eine Kandidatin für sich wirbt. Über dem Schulportal prangt das offizielle Wahlplakat der Regierungspartei mit allen Kandidaten des Bezirks – Farbportraits und Parteilogo sind zu sehen. Im Wahllokal herrscht, bis auf die hier versammelten Helferinnen und Helfer, die Polizei und Mitglieder der Wahlkampfteams der Kandidaten, gähnende Leere. Es ist Dienstag, der 8. April 2008. Zwei Tage nachdem gewalttätige Proteste im Anschluss an einen Streik die Industriestadt Mahalla erschütterten, finden in Ägypten die seit langem verschobenen Kommunalwahlen statt. Doch das Interesse der Bürgerinnen und Bürger hält sich in Grenzen, die Wahlbeteiligung liegt zwischen ein und fünf Prozent (A.-N. Qandeel 2008; G. E. El-Din 2008b). Das Ergebnis – der überwältigende Wahlsieg der Regierungspartei – steht bereits vorher fest. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Verfassungsänderungen von 2005 festlegen, dass Präsidentschaftskandidaten auch die Unterstützung von Mitgliedern aus Gouvernoratsräten benötigen. Das ägyptische Regime will sicherstellen, dass dieses formale Kriterium von Oppositionskandidaten mangels Masse nicht erfüllt werden kann.