Studieren in den 1980er Jahren
Überfüllung, Mittelkürzung und Umzug nach Lankwitz. Diese Probleme füllten die studentischen Zeitschriften in den 1980er Jahren. Komma berichtete von „hühnerstallähnlichen Massenversammlungen“ und einer „Atmosphäre wie in der U-Bahn zu Zeiten der Rush-Hour“. Otfried Jarren, ab 1979 als Lehrender am Institut, erzählte von seinen Einführungskursen: „Ich habe wiederholt die Fallstudie durchgeführt. Die war zweisemestrig, eigentlich gedacht als Case Studies. Mitunter waren weit über 100 Leute in den Veranstaltungen.“ Zwar war bereits 1975 ein Numerus Clausus eingeführt worden, aber nur im Hauptfach. Die Probleme waren damit nicht behoben. Aus Sicht von Komma: „Zu viele Studenten, zu wenig Planstellen für Dozenten und Professoren und zu wenig Geld.“
Nachdem der Hochschulausbau Ende der 1960er Jahre mit erheblichen Finanzmitteln vorangetrieben worden war, und auch die Publizistik davon profitiert hatte, setzte die Politik ein Jahrzehnt später den Rotstift an. Stellen blieben unbesetzt. Es sei „mit einem Mehr von 35 Prozent Studierenden (…) und einem Weniger von 55 Semesterwochenstunden Lehre zu rechnen“, warnte Harry Pross 1981.
Platz zum Studieren: Die Raumsituation
Zum Personalmangel kam das Raumproblem. In den 1970er Jahren musste man zwischen mehreren Adressen pendeln, um Vorlesungen und Seminare zu besuchen: Dagmar Yu-Dembski, die in den 1960ern am Institut studiert und später als Mitarbeiterin gearbeitet hatte, erinnerte sich: „Zuerst waren wir in der Ihnestraße, oben, neben den Toiletten, in ganz kleinen Räumen. Dann sind wir zum Roseneck. Dort war irgendwann auch nicht mehr genug Platz. Es gab einen zweiten Standort in der Rüdesheimer Straße.“ Für Vorlesungen ging die Fahrt weiter in den Henry-Ford-Bau. Yu-Dembski fand, „die Publizisten sind immer herumgeschoben worden.“ Auch den Umzug nach Lankwitz 1982 führte sie auf das mangelnde Ansehen des Fachs zurück. Otfried Jarren hat von einer „Abstrafaktion“ gesprochen. Lankwitz löste zwar das Raumproblem. Aber viele Studierende waren unzufrieden: „50-Minuten-Anreiseschock“ und Kneipenödnis. Als die FU 1988/89 ein Semester lang bestreikt wurde, lautete eine Forderung aus der Publizistik deshalb: Rückverlegung nach Dahlem. Dieser Wunsch ging erst 2007 in Erfüllung.
Dem UniMut-Streik vom Winter 1988 ging die Einführung einer neuen Studienordnung unmittelbar voraus. Für die Zeitschrift Quer war sie „Zankapfel Nr. 1“. Hier wurde protestiert gegen Pläne für Anwesenheitslisten, Zwischenprüfungen und ein „Pflichtpraktikum“. Publikomm sorgte sich um „die ‚linken‘ Studieninhalte“ der Publizistik und fühlte den neuen Lehrstuhlinhabern Bernd Sösemann und Stephan Russ-Mohl auf den Zahn. Der Streik führte diese Kritik weiter und thematisierte außerdem Mitbestimmung, Mittelkürzung, die Zukunft des Fachbereichs sowie Wohnungsnot. Zielscheiben der Proteste waren der konservative FU-Präsident Dieter Heckelmann, Wissenschaftssenator Kewenig (CDU) und sein parteiloser Nachfolger George Turner. Am 8. Dezember 1988 sollten die Räume der Publizistikwissenschaft besetzt werden. Etwa 100 Studierende machten sich dafür nach Lankwitz auf. Maskottchen auch am „Freien Institut für Publizistik“: ein Gummibär. Mit Professor Lutz Erbring, der sich nicht solidarisieren mochte, wurde friedlich gefrühstückt. Im Laufe des Semesters wurde in autonomen Seminaren und Arbeitsgemeinschaften weiter diskutiert.
Orientierung im Studium
Auf über 100 Seiten versuchte der Studienführer von 1988, den Überblick über den Studiengang zu behalten. Die neue Studienordnung strukturierte das Studium stärker und differenzierte es thematisch weiter aus. Neue Professuren ab der zweiten Hälfte der 1980er Jahre machten sieben Lehrgebiete möglich. Ein Programm zur Journalistenweiterbildung ergänzte dieses Angebot.