Erinnerungen an 1968
Ulrich Pätzold (1965 Studium der Publizistik. 1970 Magisterarbeit zum Springer-Arbeitskreis der Kritischen Universität. 1978 Journalistik-Professor in Dortmund): „Ich gehörte bis 1969 zu dem sehr radikalen Lager. Wir wollten selbstbestimmt festlegen, mit welchen Themen wir uns wissenschaftlich beschäftigen. Nach dem Attentat auf Dutschke kam es überall an der FU zu Institutsbesetzungen. Hier lief diese Aktion genauso hart an, aber es lief schnell und sanft aus. Harry Pross kam rein und setzte sich. Er erzählte ein wenig über die Münchener Räterepublik und Gustav Landauer. Schon bald wurde wieder die alte Struktur eingeführt. Die Gruppen haben wieder ihre Vertreter gewählt und man überlegte zusammen, welche Seminare und Vorlesungen es geben sollte.“
Hans Bohrmann (1959 Studium der Publizistik. 1967 wissenschaftlicher Assistent, Assistenzprofessor. 1977 Direktor des Instituts für Zeitungsforschung Dortmund): „Ich habe mich durch diese Studentenbewegung, die für mich etwas Antiwissenschaftliches hatte, auch sehr persönlich angegriffen gefühlt. Die so genannten Scheiß-Liberalen waren ja die eigentlichen Feinde. Man wollte die treffen, die dieses verrottete System immer noch am Laufen halten. Plötzlich standen dann irgendwelche Leute in einer Einführungsveranstaltung und haben die Studenten aufgefordert, sich zu entscheiden. Wir oder der Bohrmann. Die postfaschistische Gesellschaft verändern oder weiter rückschrittlich sein.“
Barbara Baerns (1959 Studium der Publizistik. 1967 Promotion, Dissertation über Presse in der Besatzungszeit. 1989 Professorin für Journalismus und Öffentlichkeitsarbeit an der FU Berlin): „Erst im Juni 1967 stand mein Rigorosum an. Kurz zuvor war Benno Ohnesorg erschossen worden. An der Demonstration danach habe ich teilgenommen. Ich war keine Anhängerin des SDS. Auch die Enteignet-Springer-Aktionen fand ich unangemessen. Der Baukasten von Enzensberger hat mir später geholfen, mein Unbehagen zu formulieren. Er hat dort geschrieben, dass der Manipulationsvorwurf gegen Springer falsch sei, weil Manipulation auf Deutsch Hand- oder Kunstgriff heiße und folglich jeder Gebrauch der Medien Manipulation voraussetze (vgl. Enzensberger 1970: 106).“