Studierenden-Exkursion zur Veranstaltung „New Beginnings and Berlin’s Arab Exile Body“ in der Volksbühne
News vom 22.05.2019
von Larissa Bodsch und Kaija Biermann
Braucht die intellektuelle arabische Gemeinschaft in Berlin eine spezifische Form, einen neuen Gemeinschaftsgedanken, neue Persönlichkeiten und Denker*innen und einen größeren Austausch mit der Öffentlichkeit? Um diese und andere Fragen ging es bei der Veranstaltung „Real Talk: On New Beginnings: Berlin’s Arab Exile Body“ am 10. Mai 2019 im Grünen Salon der Volksbühne Berlin. Im Rahmen des Master-Seminars „Netzwerke von Akademiker*innen im Exil“ besuchten wir die Veranstaltung, um ein tieferes Verständnis für die Belange intellektueller Exilant*innen in Deutschland und speziell Berlin zu entwickeln.
Zentraler Protagonist dieser „Real Talk“-Reihe war der ägyptische Soziologe Amro Ali. In seinem kürzlich veröffentlichten Essay beschäftigt er sich mit der besonderen Rolle Berlins in dem Spannungsfeld mit der intellektuellen arabischen Gemeinschaft, die wie kaum eine andere Hauptstadt den Charakter des Exils verkörpert. Ali bezieht sich in seinem Essay auf das von Karl Scheffer entworfene Bild Berlins – Berlin als eine Stadt, die für immer dazu verdammt ist, zu werden und nie zu sein. Dies passe laut Ali mit dem Selbstverständnis von Transformation und Wiederaufbau der arabischen Gemeinschaft zusammen.
In der ersten Hälfte der Veranstaltung stellte Ali seine Ideen hinsichtlich der Herausforderungen vor, denen sich die arabische Gemeinschaft in Berlin gegenübersieht. Den Zustand des Exils beschreibt Ali in erster Linie als einen mentalen Zustand, der die Betroffenen lähmt und exkludiert. Das Netzwerk der arabischen Gemeinschaft aber habe das Potenzial, kulturelle und politische Dynamiken in die Stadt zu bringen und damit den Drang der arabischen Gemeinschaft nach einem grundlegenden politischen Wandel zu befeuern. Die Idee eines „Exile Body“ sei deshalb so wichtig, um Form und Substanz in eine Welt zu bringen, die für die Geflüchteten formlos ist. Mit der Integration eines „Arab Exile Body“ könne geholfen werden, die arabische Gemeinschaft zu mobilisieren und ihr so zu zeigen, dass sich durch sie etwas verändern kann. Ali nennt es, ein „Wir“ erschaffen, um die Isolation zu überwinden. Ein Wir, das neue politische Ideen entwirft, kollektive Praktiken und überzeugende Erzählungen hervorbringt, die in einer weit entfernten, sicheren Stadt rekonstruiert und zum Leben erweckt werden können.
In der zweiten Hälfte der Veranstaltung, zeigten zwei junge syrische Student*innen des Bard College Berlin Wafa Mustafa und Rafat Alkotaini Kurzfilme, die ihre persönlichen Erfahrungen des Exils in Berlin beleuchten. Diese Beiträge könnten das verkörpern, was Ali als Vision entwirft: Einen Neuanfang der arabischen Gemeinschaft in Berlin.
Ziel unseres Seminars ist es, tiefergehende Erkenntnisse über (transnationale) Netzwerkformationen von Akademiker*innen im Exil zu erlangen. Nachdem wir uns im Seminar bereits aus einer theoretischen Perspektive mit Positionalität, Repräsentation und Identität im Kontext des akademischen Exils auseinandergesetzt hatten, konnten wir in der Veranstaltung Einblicke in konkrete Herausforderungen von Intellektuellen im Berliner Exil gewinnen. Kann die Antwort auf diese Herausforderungen tatsächlich Alis Idee eines „Exile Body“ sein? Teile des Publikums, die selbst als Exilant*innen in Berlin leben, stellten bereits die Existenz einer arabischen Gemeinschaft infrage. In unserer Forschung zu Akademiker*innen im Exil müssen wir uns solcher Schwierigkeiten der Zuschreibung von Zugehörigkeit bewusst sein. Die Veranstaltung lieferte dahingehend wichtige Denkanstöße: